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Keine Hotelgäste
Die Hahnenfuß-Scherenbiene und andere Wildbienen in Nisthilfen
Hahnenfuß-Scherenbiene
Beim Thema „Schutz von Wildbienen“ fällt vielen das Stichwort „Insektenhotel“ ein. Dieser Ausdruck für Wildbienen-Nisthilfen ist nicht ganz passend, denn ein Hotel ist dafür da, dass man kurze Zeit übernachtet. Die Nisthilfen sind aber eher Kinderstuben, denn hier soll, meist fast ein ganzes Jahr lang, der Nachwuchs der Bienen heranwachsen. In den überwiegenden Fällen sind die im Handel erhältlichen „Insektenhotels“ allerdings so unbrauchbar, dass Wildbienen sich an diesen Einrichtungen so gut wie nie blicken lassen.
Auch von gut angelegten Nisthilfen kann zwar nur ein kleiner Teil unserer Wildbienen profitieren, da lediglich knapp ein Viertel der nestbauenden Arten überhaupt Nistgelegenheiten über der Erdoberfläche nutzt. Immerhin kann man aber doch für einige Wildbienenarten auf diese Weise etwas tun und diese friedlichen und sympathischen Tiere bei ihrer bemerkenswerten Brutfürsorge erleben.
Eine Wildbiene, die schnell Nisthilfen annimmt, ist die Hahnenfuß-Scherenbiene (Osmia florisomnis). Sie besiedelt Bohrlöcher im Holz oder Hohlräume wie Schilfhalme und legt hier hintereinander ihre Brutzellen an. Am Ende wird der Eingang mit einem Mörtel aus Nektar und Lehm oder Sand verschlossen, in den kleine Steinchen einbaut werden.
Beim Blütenbesuch ist die Hahnenfuß-Scherenbiene sehr stark spezialisiert und sammelt Pollen ausschließlich an Hahnenfußarten. Bei unserem Blühprojekt ist in unserer Blühmischung auch der Scharfe Hahnenfuß enthalten. Wir wollen außerdem geeignete Wildbienen-Nisthilfen aufstellen.
Hahnenfuß-Scherenbiene an ihrem Bau
Hahnenfuß-Scherenbiene an einer Hahnenfuß-Blüte
Eine der häufigsten Besiedlerinnen von Nisthilfen mit Pflanzenstängeln und Holzbohrlöchern ist die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis). Keine andere Art ist so flexibel wie sie, Hohlräume verschiedenster Art zu beziehen. Im Gegensatz zu Spezialisten wie der Hahnenkopf-Scherenbiene ist sie beim Blütenbesuch ausgesprochen vielseitig, braucht aber natürlich auch ein großes Blütenangebot. Die Rostrote Mauerbiene war Insekt des Jahres 2019.
Rostrote Mauerbiene
Als seltene Art, die Nisthilfen besiedelt, kommt in Damnatz wahrscheinlich die Glänzende Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) vor. Die Art ist in Niedersachsen gefährdet und Vorkommen an der Elbe waren bisher nicht bekannt. Als Pollenquelle wird ausschließlich der Natternkopf (Echium vulgare) genutzt und diese Pflanze, die auch in unserer Blühmischung enthalten ist, stellt außerdem fast die einzige Nektarquelle dar. Wir hoffen, die Art, die anhand der vorhandenen Fotos noch nicht ganz eindeutig bestimmt werden konnte, bald sicher bestätigen zu können.
(Vermutlich) Glänzende Natternkopf-Mauerbiene an Natternkopf
Die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum) ist eine eindrucksvoll gefärbte Wildbiene, deren Männchen unermüdlich Konkurrenten der eigenen Art, aber auch andere Bienen, von begehrten Blüten vertreiben. Ihren Namen hat sie, weil sie ihre Brutzellen aus abgeschabter Pflanzenwolle baut. Auch sie ist ein Besiedler von Hohlräumen verschiedenster Art. In Insekten-Nisthilfen nistet sie allerdings selten, benutzt hier aber Gänge gerne nachts zum Schlafen oder zum Schutz bei Regen. In diesem Fall passt der Ausdruck Insektenhotel dann doch ausnahmsweise.
Garten-Wollbiene
Alle Fotos © Georg Wilhelm
Listige Faulpelze
Kegelbienen und andere Kuckucksbienen
Kegelbiene
Manche Bienen bauen keine eigenen Nester und versorgen keine Brutzellen mit Proviant, sondern lassen das einfach andere machen. Wie der Kuckuck schmuggeln sie in einem unbewachten Augenblick ihr Ei in die gerade in Arbeit befindlichen Brutzellen anderer Bienenarten. Da die Weibchen keinen Pollen sammeln, haben sie auch keine Einrichtungen an Bauch oder Beinen für den Pollentransport und die Arten sind im Gegensatz zu anderen Bienen meist nur wenig behaart. Etwa ein Viertel der in Deutschland vorkommenden Bienen sind Kuckucksbienen. Viele sind auf bestimmte, teils selten gewordene, Wirtsarten spezialisiert und sind ihrerseits selten und gefährdet.
Eine Gattung von Kuckucksbienen sind die Kegelbienen (Coelioxys spec.). Ihren Namen haben sie wegen des kegelförmigen Hinterleibs der Weibchen, mit dem sie sich durch die Wände der Brutzellen ihrer Wirtsbienen bohren können. Im Gelände und auf Fotos sind die Kegelbienen-Arten meist nicht zu unterscheiden, aber sie alle stehen in Niedersachsen auf der Roten Liste. In Damnatz können die seltenen und interessanten Kegelbienen noch beobachtet werden. Durch unser Blühprojekt helfen wir den Kegelbienen, indem wir den Wirtsbienen helfen, die damit auch besser mit den Einbußen durch die „listigen Faulpelze“ fertig werden können. Außerdem können die Kuckucksbienen die Blühflächen für den Eigenbedarf nutzen.
Eine weitere artenreiche Kuckucksbienen-Gattung, aber mit einzelnen auch etwas häufigeren Arten, sind die Blutbienen (Specodes spec.). Die schwarzen Bienen mit ihrem roten Hinterleib sind eigentlich sehr markant, werden aber leicht übersehen, weil sie klein und rastlos sind und werden von vielen Menschen wohl auch nicht als Bienen erkannt. Der Name passt nicht nur zu ihrem Aussehen, sondern auch zu ihrem Verhalten, denn anders als die meisten vorwiegend trickreichen Kuckucksbienen versucht sie auch mit Gewalt den Weg in die Nester zu erkämpfen.
Blutbiene
Ebenfalls nicht unbedingt als Biene erkannt, sondern eher für Wespen gehalten wird die Gattung Nomada, die deshalb den deutschen Namen „Wespenbienen“ bekommen hat.
Wespenbiene
Wespenbienen sind selbst für Spezialisten extrem schwer zu unterscheiden, aber können manchmal anhand der Wirtsarten zugeordnet werden. In Damnatz sieht man öfter (höchstwahrscheinlich) die Rothaarige Wespenbiene (Nomada lathburiana), die vor allem versucht, in die Nester der Weiden-Sandbiene (Andrena vaga) zu gelangen. Die Weiden-Sandbiene scharrt ihren Nesteingang bei jedem Sammelflug zu, aber die Einbrecherin gräbt ihn auf, wenn die Wirtsbiene unterwegs ist und legt ihre Eier in die Brutzellen oder prüft auch nur, ob Zustand schon optimal ist. Dafür hält sie sich ausdauernd bei den Kolonien der Sandbienen auf und wird von diesen kaum beachtet oder vertrieben. Grund ist wohl eine Dufttarnung, durch die die Wespenbienen von den Sandbienen für Artgenossen gehalten werden. Man hat bei manchen Wespenbienenarten festgestellt, dass die Weibchen das „Tarnkappen-Parfüm“ nicht selbst herstellen, sondern dass es ihnen bei der Paarung vom Männchen übertragen, also gewissermaßen geschenkt wird.
Rothaarige Wespenbiene am Nesteingang einer Weiden-Sandbiene
Alle Fotos © Georg Wilhelm
Hier haben die Frauen die Hosen an
Die Wegwarten-Hosenbiene und andere im Boden nistende Wildbienen
Wegwarten-Hosenbiene
Beim Wort „Bienen“ denken die meisten Menschen an die Honigbiene, die vom Menschen gehalten wird und uns Honig liefert. Das „Nutztier“ Honigbiene ist aber nur eine Bienenart von vielen; alle anderen Arten leben bei uns wild. In Niedersachsen sind etwa 360 Wildbienenarten heimisch; davon stehen über 60 % auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und sind zum Teil bereits ausgestorben oder verschollen.
Die Mehrzahl der Wildbienen gründet keine Staaten, wie es die Honigbienen oder die Hummeln tun, sondern die Weibchen bauen allein, ohne die Mithilfe von Artgenossinnen, ihre Nester. Bei den meisten Arten lernt die Biene ihre Nachkommen selbst nicht kennen, sondern versorgt sorgfältig gebaute Brutzellen mit Pollen und Nektar und legt je ein Ei hinein. In diesem Vorrat entwickelt sich die Larve und in den überwiegenden Fällen fliegt die fertige Biene erst im nächsten Jahr aus.
Rund drei Viertel der nestbauenden Wildbienen nisten im Boden. Trockene Sandböden mit spärlichem Bewuchs sind dabei besonders reich an Wildbienenarten. Daher ist Damnatz mit seiner Lage in der Flussaue des „Sandflusses“ Elbe mit teils sandigen Böden ein guter Ort für bodennistende Bienen.
Eine typische Sandboden-Bewohnerin ist die Wegwarten-Hosenbiene (Dasypoda hirtipes), die in vielen Gebieten Deutschlands selten und gefährdet ist, in Damnatz aber noch regelmäßig beobachtet werden kann. Die Bienen graben einen bis zu 60 cm tiefen Gang, von dem aus sie Seitengänge mit Brutzellen anlegen. Ihren Namen hat diese Art, weil die Beine, mit denen die Weibchen für ihren Nachwuchs Pollen transportieren, für diesen Zweck mit auffallend breiten, an Hosen erinnernde „Bürsten“ versehen sind. Beim Blütenbesuch ist sie durchaus wählerisch, denn wie viele Wildbienen kann die Hosenbiene nur von bestimmten Blütenpflanzen Pollen sammeln, in ihrem Fall von einem Teil der Arten aus der Familie der Korbblütler wie Wegwarte, Ferkelkraut, Herbst-Löwenzahn oder Wiesen-Flockenblume. Bei unserem Blühprojekt fördern wir die Hosenbiene, indem wir diese Wildpflanzen aussäen. Wichtig ist auch, dass unsere Blühflächen an verschiedenen Stellen um das Dorf gut verteilt sind, denn im Gegensatz zur Honigbiene, die einige Kilometer weite Sammelflüge unternehmen kann, brauchen die Wildbienen ihre Nektar- und Pollenquellen mehr oder weniger in der Nähe. Die Hosenbiene sammelt zum Beispiel in maximal 300 Meter Entfernung, meist aber in deutlich geringerem Radius.
Erdnester baut auch die Graue Sandbiene (Andrena cinearia). Diese beim Blütenbesuch nicht besonders spezialisierte Biene gehört zu den Arten, die nur im April und Mai fliegen. Für solche Frühjahrsarten ist es wichtig, dass unsere Blühflächen mehrjährig sind und deshalb auch schon früh im Jahr mit dem Blühen beginnen können. Übliche einjährige Blühflächen werden im Mai überhaupt erst eingesät.
Graue Sandbiene
Eine bundesweit gefährdete, in Niedersachsen sogar vom Aussterben bedrohte bodennistende Wildbiene ist die Sechsbindige Furchenbiene (Halictus sexcinctus). In Damnatz kommt sie erfreulicherweise noch vor. Bei dieser Art finden sich schon erste Schritte zur Arbeitsteilung, denn mehrere Weibchen benutzen manchmal einen gemeinsamen Nesteingang. Eine Besonderheit ist auch, dass die Nachkommen nicht als Larve oder ausgewachsenes Insekt im Nest überwintern, sondern schon im Spätsommer schlüpfen und dann auch ihren recht langlebigen Müttern begegnen können.
Sechsbindige Furchenbiene (Männchen)
Eine weiter fortgeschrittene soziale Lebensweise zeigt die relativ anpassungsfähige und vergleichsweise häufige Gewöhnliche Schmalbiene (Lasioglossum calceatum). Schon im zeitigen Frühling beginnen die Weibchen, meist jede einzeln für sich, ein Erdnest zu bauen, die Brutzellen mit Pollen zu verproviantieren und Eier zu legen. Dann verschließt das Weibchen den Bau von innen und wartet etwa einen Monat, bis die Nachkommen geschlüpft sind. Neben fortpflanzungsfähigen Weibchen und Männchen entwickeln sich jetzt auch Arbeiterinnen, die die Brutzellen versorgen. Es überwintert aber nicht, wie bei den Honigbienen, der ganze Staat, sondern nur die Weibchen, die sich einzeln Winterquartiere suchen.
Gewöhnliche Schmalbiene (Männchen)
Im eigenen Garten können alle etwas für bodennistende Bienen tun. Außer für eine reiche Blüte mit Wildblumen oder nicht gefüllten Gartenblumen zu sorgen, hilft es ihnen, wenn lückige, sandige Stellen im Rasen nicht durch Nachsaaten, Düngung und Wässern beseitigt werden. Manchmal finden sich ganze Kolonien, in denen die Nesteingänge, die wie winzige Maulwurfshaufen aussehen, dicht an dicht stehen. Diese Kolonien sollten in den wenigen Wochen, in denen die Bienen hier bauen und Vorräte sammeln, möglichst nicht betreten, glatt geharkt oder tief gemäht werden.
Nesteingang in einer Kolonie der Weiden-Sandbiene (Andrena vaga).
Alle Fotos © Georg Wilhelm
Musikant und Blattlausjäger
Das Grüne Heupferd und andere Heuschrecken
Grünes Heupferd
Heuschreckenkonzerte gehören zur stimmungsvollen Klangkulisse des Sommers. Wohl einer der auffälligsten Heuschreckengesänge ist das weit hörbare Schwirren des Grünen Heupferds (Tettigonia viridissima), das bis in die tiefe Nacht hinein ertönt. Auch wenn diese Art, die eine unserer größten Heuschrecken ist, noch nicht bedroht ist, lässt sie sich auch in Damnatz seltener hören als früher.
Viele denken beim Wort Heuschrecken an die verheerenden, Felder kahlfressenden Schwärme der Wanderheuschrecken, die schon im Alten Testament als eine der „biblischen Plagen“ beschrieben wurden. Unsere mitteleuropäischen Arten haben damit aber nichts zu tun und das Grüne Heupferd ernährt sich fast ausschließlich von Insekten wie Blattläusen, Raupen, Käferlarven und Fliegen.
Auf unseren Blühpatenschafts-Flächen würde das Grüne Heupferd im reichen Bewuchs mit vielen Insekten gute Lebensbedingungen vorfinden. Ganz wichtig ist auch, dass hier nach der Einsaat über die ganzen fünf Jahre keine Bodenbearbeitung stattfindet. Denn die Heupferde sterben am Ende des Sommers und sichern die nächste Generation, indem die Weibchen mit ihrer langen Legeröhre Eier in den Boden ablegen. Diese brauchen eine sehr lange ungestörte Entwicklung über mindestens zwei Winter, bevor die Jungtiere (Nymphen) des Großen Heupferds schlüpfen. Durch Umpflügen würden die Eier in tiefe Bodenschichten gelangen und vergehen.
Grünes Heupferd, Nymphe
Hier wird das "Heufohlen" zum Heupferd: Grünes Heupferd bei der letzten Häutung
Auch viele andere Heuschrecken legen ihre Eier in den Boden, so der in Damnatz noch vorkommende, in Niedersachsen gefährdete Wiesen-Grashüpfer (Chorthippus dorsatus), der auf unseren Blühpatenschafts-Flächen erwartet werden könnte. Auf Wiesen ist diese Art vielfach verschwunden, weil hier bei der Mahd ein großer Teil der Heuschrecken durch moderne, schnell rotierende Mähgeräte getötet wird. Die Blühpatenschafts-Flächen dagegen sollen, nachdem die Wiesenpflanzen Fuß gefasst haben, nie vollständig abgemäht werden und bieten so auch einen Lebensraum für verschiedene Heuschrecken.
Wiesen-Grashüpfer
Nicht in den Boden, sondern in Pflanzenstängel legt hingegen Roesels Beißschrecke (Roeseliana roeselii) ihre Eier ab. Für solche Arten ist es wichtig, dass auf den Blühpatenschafts-Flächen große Teilbereiche über den Winter bis ins nächste Jahr ungemäht stehen bleiben.
Roesels Beißschrecke
Alle Fotos © Georg Wilhelm