Wie jedes Jahr seit dem Beginn im Frühjahr 2020 sehen unsere Blühflächen in diesem Jahr wieder anders aus als im Vorjahr. Auf den Blühflächen der ersten Stunde geben langlebige Wiesenblumen wie Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Labkraut oder Wiesen-Witwenblume den Ton an, während kurzlebigere Arten zurückgegangen sind. Dazu gesellen sich Gräser, teilweise reichlich, teilweise zurückhaltender.
Die Gräser haben allgemein in der Landschaft ein Super-Frühjahr. Sowohl langlebige Wiesengräser als auch kurzlebige Grasarten, die unter günstigen Bedingungen wie aus dem Nichts große Bestände aufbauen können, sind sehr stark vertreten. Gründe sind das seit dem letzten Sommer (bis auf eine Durststrecke in der ersten Maihälfte) relativ feuchte Wetter sowie das milde Winterhalbjahr, so dass Gräser allerorten ungewöhnlich früh, hoch und dicht aufkommen.
Ein Grund für das Bild sind aber auch die Veränderungen, die die Blühflächen durchmachen. Anders als in gemähten Wiesen, die durch den regelmäßigen Schnitt in der Artenzusammensetzung über lange Zeit gleich bleiben können, wechseln sich auf mehrjährigen Blühflächen über die Jahre verschiedene Pflanzenarten ab. Ein Experte aus der Schweiz, wo unser Konzept „Buntbrache“ genannt wird und recht verbreitet ist, beschreibt das so:
"Eine Buntbrache durchläuft in ihrem Leben drei Phasen. Im ersten Jahr sind vor allem einjährige Ackerbegleitpflanzen (Kornblumen, Mohn, Kornraden) sichtbar; die «Baby-Phase». Die Ruderal- und Wiesenblumen wie zum Beispiel Margeriten, Flockenblumen und Königskerzen sind erst im zweiten und dritten Jahr sichtbar. In diesen Jahren blüht die Fläche am prächtigsten, sie ist in der «Beauty-Phase». Über die weiteren Jahre übernehmen die längerdauernden Saumarten wie Rainfarn, Johanniskraut und Karden. Die Blütenprächtigkeit nimmt ab, die Vergrasung steigt, die wichtigen Strukturen bleiben aber bestehen. Nun hat die Brache die «Greisen-Phase» erreicht, bevor sie dann wieder umgebrochen wird."[1]
Erfahrungen mit ähnlichen Projekten zeigen, dass nach 5-8 Jahren bei solchen Buntbrachen die Pflanzenvielfalt zurückgeht, so dass wir jetzt im fünften Jahr schauen, wo ein Neustart in Betracht gezogen werden sollte. Der Charakter der Flächen ist, wie gewohnt, von Parzelle zu Parzelle sehr unterschiedlich. Während manches sich noch in der „Beauty-Phase“ befindet, haben wir auch gealterte Blühflächen, die wir gern „in den Jungbrunnen werfen“ würden.
Wir werden deshalb im Spätsommer beginnen, manche Blühflächen zu grubbern und neu einzusäen. Das machen wir in der Regel aber nur auf Teilen der jeweiligen Fläche. Ziel ist, einen Mix von jungen, mittleren und alten Blühflächen zu haben, denn jede Phase hat ihren eigenen hohen Wert
Dabei hoffen wir darauf, dass viele Blühpatinnen und Blühpaten, deren Patenschaft zum Ende des Jahres ausläuft, die Patenschaft um weitere fünf Jahre verlängern, damit das Projekt im gleichen Umfang wie bisher weitergeht.
Blühfläche am Damnatzer Ortsausgang nach Kamerun. Im Innern blühen weiß das Wiesen-Labkraut und die Schafgarbe. Die zahlreichen purpurnen Wiesen-Flockenblumen beginnen gerade aufzublühen. Die Randbereiche sind aber stark von Gräsern erobert worden. Im Bereich der Ränder soll deshalb in diesem Jahr eine Blühmischung neu eingesät werden, um die Vegetation der älteren Phase mit zunächst einjährigen und dann zweijährigen Arten zu ergänzen.
Blühfläche neben dem Sportplatz in Damnatz. Hier sind auf der ganzen Fläche Gräser wie das Wollige Honiggras in diesem Jahr stark vertreten. Zwar wird es hier im Sommer blütenbunter werden und der Wert für Insekten ist nach wie vor groß. Trotzdem wollen wir etwa zwei Drittel neu einsäen, um die Vielfalt zu steigern.
Blühfläche am Ortsrand Damnatz in Höhe Kirchstraße. Auf dem größten Teil der Fläche auf sandigem Boden ist die Arten- und Blütenvielfalt noch sehr hoch (hier mit Wiesen-Witwenblume und Margerite), so dass noch keine Neueinsaaten geplant sind.
Fotos © Georg Wilhelm
[1] https://www.ufarevue.ch/pflanzenbau/nuetzlich-nuetzlicher-buntbrache