Eine der besonders spannenden Seiten unserer Blühflächen ist ihre Vielfalt. Keine Fläche entwickelt sich wie die andere. Ein Grund dafür sind die sehr unterschiedlichen Böden. Recht fruchtbare Auelehmböden wechseln um Damnatz herum teilweise sehr kleinräumig mit armen Sandböden.
Auf den Sandböden kommen die Einsaaten nur zögerlich in Gang, gerade in so einem trockenen Frühjahr, wie wir es jetzt wieder einmal erleben. Dies lässt sich aktuell auf einer der neuen Blühflächen gut beobachten, die wir dank neuer Blühpatenschaften im Herbst einrichten konnten (Achter Höfe hinter den „Zollhäusern“). Zwar laufen die Einsaaten auf und demnächst werden wir uns hier über viele Kornblumen als ersten auffälligen Blühaspekt freuen können, aber der Bewuchs ist doch noch recht lückig.
Gerade das ist aber auch eine Chance für viele Arten, die es in einer hohen und dichten Vegetation schwer hätten. Das sind zunächst einmal Ackerwildkräuter, die wir gar nicht ausgesät haben und die jetzt spontan kommen, darunter auch seltenere Arten. Beispiele der spontanen Ackerflora sind hier Wiesen-Gelbstern, Stängelumfassende Taubnessel, Sand-Mohn, Sand-Vergissmeinnicht, Sonnenwend-Wolfsmilch oder Acker-Stiefmütterchen.
Der Wiesen-Gelbstern wächst auf mindestens zwei von unseren Blühflächen. Dieses Liliengewächs steht auf der Vorwarnliste zur Roten Liste, kommt im Wendland aber erfreulicherweise noch öfter vor.
Neben der bekannteren Purpurroten Taubnessel wächst auf den Blühflächen auch die Stängelumfassende Taubnessel.
Sand-Mohn, eine seltenere Mohnart der ärmsten Böden.
Sonnenwend-Wolfsmilch
Auf der Vorwarnliste zur Roten Liste steht auch das hier gerade aufblühende Sand-Vergissmeinnicht, eine unscheinbare Art der ärmsten Sandböden.
Das Acker-Stiefmütterchen ist auf den Blühflächen auf Sandboden reich vertreten.
Die Ackerwildkräuter sind hier nicht nur erfreulich, weil sie selbst in vielen Fällen selten geworden sind, sondern sie sind auch Lebensgrundlage für viele Tiere. Zum Beispiel ist das Acker-Stiefmüterchen die Raupennahrung für den seltenen Kleinen Perlmutterfalter, der auf unseren trockeneren Blühflächen auch regelmäßig zu beobachten ist.
Die Taubnesseln auf der neuen Blühfläche sind eine wichtige Nahrung für die Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes), die hier als eine der ersten Wildbienen im Jahr erschienen. Die Frühlings-Pelzbiene ähnelt kleinen Hummeln und fällt durch ihren sehr schnellen Flug auf, bei dem sie wie ein Kolibri im Flug Blüten besucht, ohne sich dabei hinzusetzen.
Frühlings-Pelzbiene im Anflug an eine Stängelumfassende Taubnessel
Die sandigen und noch lückigen Blühflächen sind für Wildbienen auch als Nistplatz wertvoll. 75 Prozent unserer Wildbienen nisten im Boden und trockenwarme und besonnte Standorte sind besonders geeignet. Ein Beispiel ist die Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularis), die die neue Blühfläche bereits besiedelt. Der Name der Gattung kommt daher, weil die Brutzellen an den Enden der selbstgegrabenen Gänge mit einem Sekret seidig ausgekleidet werden. Die „Seidentapeten“ werden außerdem mit einem weiteren Stoff behandelt, der die Brut vor Pilz- und Bakterienbefall schützt. In die Zellen wird ein Vorrat an Pollen vermischt mit Nektar gebracht, an den dann ein Ei gesetzt wird. Anschließend wird dann die Zelle verschlossen. Die Bodennester können von späteren Generationen weiter benutzt werden. Die Frühlings-Seidenbiene sammelt Pollen vor allem an Weiden. Im Damnatzer Blühprojekt haben wir wegen der hohen Bedeutung unter anderem für Wildbienen begonnen, Sal-Weiden zu pflanzen.
Frühlings-Seidenbiene beim Eingang zum Bodennest auf unserer Blühfläche
Dass auf den Blühflächen Wildbienen im Boden nisten ist nur möglich, weil unsere Blühflächen mehrjährig sind. Wenn, wie anderswo, immer wieder neu eingesät würde, würden bei der Bodenbearbeitung die Wildbienennester zerstört.
Zu den nestbauenden Wildbienen gesellen sich regelmäßig andere Wildbienenarten dazu, die wie der Kuckuck ihre Eier in fremde Nester legen. Auch viele von diesen faszinierenden Kuckucksbienen sind selten geworden. In die Nester der Frühlings-Seidenbiene geht eine Art mit dem furchterregenden Namen Riesen-Blutbiene (Sphecodes albilabris). Das Wort „Blut“ bezieht sich aber nur auf den roten Hinterleib und „Riese“ ist relativ, denn die Biene wird höchstens 14 mm groß und ist lediglich größer als andere Arten der Gattung.
Riesen-Blutbiene
Eine weitere Kuckucksbiene, die sich auf den Blühflächen schon zeigte, ist eine Wespenbiene, wahrscheinlich die Gewöhnliche Wespenbiene (Nomada fucata). Ähnlich wie bei den Blutbienen kommt man beim Aussehen der Wespenbienen nicht unbedingt auf die Idee, dass es sich um Bienenarten handelt. Die Gewöhnlich Wespenbiene hat es auf die Nester der Gemeinen Sandbiene abgesehen, die in Damnatz ebenfalls gut vertreten sind.
Gemeine Wespenbiene auf Wiesen-Gelbstern
Alle Fotos © Georg Wilhelm